Zu wenige Kinder für 7 Grundschulen

Grundschule

Sehr geehrte Ausschussmitglieder,
Frau Bürgermeisterin,
Herr Ausschussvorsitzender,
Meine Damen und Herren auf den Zuschauerbänken,

das heutige Thema ist ein sehr emotionales, trotzdem sehr wichtiges aber leider jedoch kein einfaches Thema.
Es geht um Kinder, um Bildung und auch – aber eben nicht nur – um Schulstandorte.

Aber warum sind wir überhaupt hier?
Um es mal plakativ zu sagen, weil uns irgendwie die Kinder abhandengekommen sind.
Aber lassen Sie mich diese Aussage mit ein paar Zahlen verdeutlichen. Im Jahre 2000 gingen noch 1070 Schülerinnen und Schüler, verteilt auf 48 Klassen, in unsere Grundschulen. Heute sind es noch 619, verteilt auf 26 Klassen, und im Jahre 2015 werden es voraussichtlich nur noch um die 540 Kinder, verteilt auf 23 Klassen, sein.
Wir haben also innerhalb von 15 Jahren in etwa eine Halbierung der Schüler- und Klassenzahlen zu verzeichnen.
Schauen wir noch kurz auf die Entwicklung der Eingangsklassen, die hier für uns von maßgeblicher Relevanz sind. Im Jahr 2000 gab es 273 Erstklässler in 13 ersten Klassen. Dieses Schuljahr haben wir noch 129 Erstklässler in 6 Klassen.
Und für die nächsten Jahre sieht es laut Schulentwicklungsplan nicht danach aus, als würde sich an dieser Situation in großem Umfang etwas ändern.

Unsere Aufgabe als gewählte Verantwortungsträger ist es, unsere Schullandschaft auf solide Beine zu stellen und zu gewährleisten, dass an Wilnsdorfer Grundschulen eine qualitativ hochwertige und bestmögliche Schulbildung möglich ist.

Um eine Lösung für die eingangs geschilderten Probleme zu finden und um unserer Verantwortung gerecht zu werden, haben wir uns in der SPD-Fraktion lange und intensiv mit der Thematik auseinander gesetzt. Wir haben vor der Sommerpause alle Grundschulstandorte besucht und sehr intensive Gespräche mit den Schulleitungen und den Elternvertretern geführt. Ich habe für die SPD-Fraktion an den Sitzungen des Runden Tisches teilgenommen, der nebenbei gesagt überhaupt erst auf Initiative der SPD eingerichtet wurde. Wir haben als SPD-Fraktion oft und lang zu diesem Thema getagt und Schritt für Schritt Punkte herausgearbeitet, die für uns entscheidungserheblich sein sollten. Diese Punkte decken sich im Wesentlichen mit denen, die auch der Runde Tisch herausgearbeitet hat.

1.Das wichtigste für die Schülerinnen und Schüler ist eine qualitativ hochwertige Schulbildung. Diese steht und fällt vor allem mit den lehrenden Personen und kann somit theoretisch an jedem Standort erfolgen.
Eine qualitativ hochwertige Bildung hängt jedoch auch an der Quantität des Unterrichts und an den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Konkret heißt das, wenn Unterricht ausfällt, kann die fachliche Leistung der Lehrkraft noch so gut sein, die Qualität des Unterrichts leidet. Wenn also an einem Schulstandort nur wenige Lehrer unterrichten, kann ein solcher Ausfall nicht so leicht kompensiert werden, wie wenn an einem Standort viele Lehrkräfte eingesetzt werden. Des Weiteren haben Schulstandorte mit vielen Lehrerstunden eher die Möglichkeit zusätzlichen Differenzierungs- und Förderunterricht anzubieten. Die Bildungschancen sollten an allen Wilnsdorfer Grundschulen gleich sein und nicht von der Geburtenzahl im betreffenden Ort abhängen.

2.Eltern, vor allem die der jetzigen Kindergartenkinder, brauchen Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Eine Situation wie in diesem Jahr, dass Eltern und Kinder bis in den Frühsommer nicht wussten, ob ihr Kind an der angemeldeten Schule angenommen wird und wenn nicht, wo es nach den Sommerferien zur Schule geht, darf es nicht noch einmal geben. Die Ungewissheit, an welchen Standorten überhaupt Eingangsklassen gebildet werden dürfen, darf nicht jedes Jahr aufs Neue entstehen. Diese Ungewissheit und die damit einhergehenden Wanderungsbewegungen von einzuschulenden Kindern vergiftet auf Dauer das Klima in unserer Gemeinde und trägt nicht zu einer familienfreundlichen Gemeinde bei.
Es bedarf also einer Lösung, die zumindest mittelfristig eine Verlässlichkeit für alle Eltern in der Gemeinde Wilnsdorf bietet.

3.Soziale Strukturen innerhalb eines Dorfes sollen nicht dadurch gefährdet werden, dass Kinder eines Dorfes auseinandergerissen werden und verschiedenen Schulstandorte besuchen müssen. Situationen wie in Wilnsdorf, wo jedes Jahr die Wilnsdorfer Eltern darum bangen müssen ob ihr Kind nach Wilnsdorf darf oder ob es nach Wilden muss, oder wie in Oberdielfen, wo die eine Hälfte des Dorfes nach Niederdielfen und die andere nach Obersdorf zur Schule fährt, sollten wenn möglich vermieden werden. Wenn also Kinder gefahren werden müssen, dann sollten zumindest die Kinder aus einem Dorf alle zusammen in dieselbe Schule fahren (wie bereits jetzt in Flammersbach und Gernsdorf der Fall).

4.Zu guter Letzt sollte vermieden werden, dass Kinder quer durch die gesamte Gemeinde gefahren werden müssen. Die Fahrbeziehungen sollten also eher kurz gehalten werden.

Alle diese Punkte haben in letzter Konsequenz dazu geführt, dass die Mehrheit der SPD-Fraktion dem Antrag der Grünen zustimmen wird.
Es ist mir klar, dass viele der Eltern in den betroffenen Ortsteilen unsere Entscheidung hier nicht teilen, jedoch lassen sie mich, bezogen auf die 3 betroffenen Grundschulstandorte unsere Entscheidung begründen, so dass Sie zumindest unsere Beweggründe nachvollziehen können.

1.Anzhausen
Eine Grundschule bedarf um eigenständig bestehen zu dürfen, nach dem neuen Schulgesetz, mindestens 92 Schüler. Diese Za-hl von 92 Schülern wird schon jetzt in Anzhausen deutlich unterschritten. Anzhausen könnte also höchstens als Teilstandort einer anderen Grundschule (hier also Rudersdorf oder Niederdielfen) weiterbestehen.
Da Anzhausen aber bei den Eingangsklassen in 3 der nächsten 5 Jahre unter der Klassenmindestgröße von 15 liegt, müssten viele Kinder vom Hauptstandort nach Anzhausen fahren um die Klasse dort aufzufüllen. Diese Situation ist nicht erstrebenswert und wird sogar von der Anzhäuser Elternpflegschaft abgelehnt.
Die Änzhäuser haben in den letzten Wochen ein Schulkonzept erarbeitet, welches im Wesentlichen auf der Einführung von jahrgangsübergreifendem Unterricht basiert. Und um es direkt vorwegzunehmen, ich persönlich und auch viele in meiner Fraktion halten das Konzept des jahrgangsübergreifenden Unterrichts für pädagogisch sinnvoll und zukunftsorientiert. So lobenswert wir das Schulkonzept aus Anzhausen auch finden, so müssen wir doch auch schauen, welche Konsequenz die Umsetzung auf die anderen Grundschulstandorte und insbesondere auf den möglichen Hauptstandort hätte. Und hier liegen die Probleme.
Unterschiedliche Unterrichtsformen am Hauptstandort und am Teilstandort sind grundsätzlich nicht vorgesehen. Es ist nur vorgesehen, dass in einer Übergangsfrist von 5 Jahren verschiedene Modelle an Haupt- und Teilstandort praktiziert werden dürfen. Diese 5 Jahre sind dafür gedacht, ein einheitliches Konzept für die gesamte Schule zu erarbeiten. Es müsste also nach der Gründung einer Verbundschule mit dem Erarbeiten eines Konzeptes begonnen werden. Das Problem ist nur, dass alle Grundschulen (mit Ausnahme Anzhausen) das Modell des jahrgangsübergreifende Unterrichts ausdrücklich abgelehnt haben. Auch wenn ich persönlich das sehr bedaure, so weiß ich jedoch, dass die Umsetzung des jahrgangsübergreifenden Unterrichts gegen die Lehrkräfte nicht möglich ist.
Des Weiteren würde das erarbeitet Konzept die vorhandenen Probleme in der gesamten Gemeinde Wilnsdorf nicht lösen. Wenn wir mal die Übergangsjahre außen vor lassen, hätten wir zukünftig Klassengrößen in Anzhausen, die deutlich unter dem Klassenfrequenzrichtwert liegen und so dafür sorgen, dass die Klassen an den anderen Schulen in Wilnsdorf entsprechend größer sein müssen. Diese kleinen Klassen führen sonst wieder zu einer Lehrerunterversorgung, was wieder die Qualität beeinträchtigt und deshalb auch nicht im Interesse der Eltern und Kinder sein kann.

2.Obersdorf
Der Standort Obersdorf kann ohne die Zuführung von Kindern aus Oberdielfen keine eigene Eingangsklasse bilden. Selbst mit Kindern aus Oberdielfen, liegen die Klassen der Verbundschule Niederdielfen-Obersdorf deutlich unter dem Klassenfrequenzrichtwert und verursachen damit die gleichen Probleme wie eben bei Anzhausen schon geschildert.
Auch die Vorschläge des Ortsvorsteher von Obersdorf Herrn Dreisbach, der vorschlägt Anzhausen und Wilden zu schließen und diese Kinder querbeet in der Gemeinde zu verteilen (z.B. Anzhausen und Flammersbach nach Wilnsdorf ! ), ist nicht zielführend. Der Klassenfrequenzrichtwert wird hierbei zu oft und deutlich unterschritten und die Vorschläge produzieren in einigen Jahren mehr Züge als der Gemeinde zustehen.

3.Wilden
Auch der Standort in Wilden kann ohne die Zuführung von Kindern aus Rinsdorf und Wilnsdorf keine eigene Eingangsklasse bilden. Trotz der Zuführung von Kindern aus anderen Ortsteilen, läge die Klassengröße in Wilden immer noch deutlich unter dem Klassenfrequenzrichtwert und würde ebenfalls dafür sorgen, dass anderswo die Klassen entsprechend größer sein müssten und eine Lehrerunterdeckung drohe.
Die Argumentation des Herrn Neuser aus Wilden, dass wenn in Wilnsdorf sowieso zwei Züge gebildet würden, einer auch in Wilden angesiedelt werden könne, verkennt leider ein paar wesentliche Punkte. Zum einen würden wir dadurch die unbefriedigende Situation erhalten, die weiterhin Kinder eines Ortsteils auseinander reißt, zum anderen sieht der Antrag der Grünen vor, auch die Kinder aus Obersdorf in Wilnsdorf zu beschulen, was die Situation gravierend ändert.

Aus all den eben genannten Gründen, hat die Mehrheit der SPD-Fraktion sich entschlossen dem Antrag der Grünen in der Variante 2 zuzustimmen.
Der Vorteil der Variante 2 gegenüber der Variante 1 ist der, dass der Klassenfrequenzrichtwert nur selten und wenn, dann auch nur minimal unterschritten wird. In der Variante 1 hingegen wird dieser öfter und sehr viel deutlicher unterschritten.
Des Weiteren trägt die Variante 2 dem Umstand Rechnung, dass die Grundschule Rudersdorf in 2 der nächsten 5 Jahre die Zweizügigkeit allein bereits aus Rudersdorfer und Gernsdorfer Kindern erreicht.

Meine Damen und Herren, ich hoffe Sie konnten die Beweggründe der Mehrheit der SPD-Fraktion nachvollziehen, auch wenn sie vielleicht eine andere Meinung vertreten, die wir wiederrum durchaus auch nachvollziehen können.